Juden in Deutschland und in unserer Region

Die Geschichte des Unternehmens von „Bloch & Hirsch“ fällt in eine für die Deutschen jüdischer Herkunft bemerkenswerte Epoche. Nach der Französischen Revolution fand im Laufe des 19. Jahrhunderts allmählich auch in einzelnen deutschen Staaten eine Liberalisierung statt, die den deutschen Juden zu Gute kam. Sie besaßen nun – zumindest formal – die volle Freizügigkeit im Land und hatten auch das Recht auf freie Berufswahl. Beides war ihnen zuvor über viele Jahrhunderte verwehrt worden. Diese positive Entwicklung führte dazu, dass auch die in Urberach und Ober Roden lebenden Juden in der Zeit der zunehmenden Industrialisierung ihre Fähigkeiten und ihre Innovationskraft in neue Berufe einbrachten.
Die klassischen Berufe im Kleinhandels- und Kaufmannswesen sowie im Bankenbereich wurden durch den Großhandel ergänzt. Ärzte und Rechtsanwälte gesellten sich hinzu. Auch im produzierenden Industriebereich wie in der neu aufkommenden Elektroindustrie, vor allem aber im Textilbereich fassten Juden Fuß. In der Weimarer Republik befanden sich schließlich 20 Prozent der Textilindustriebetriebe im Besitz von Deutschen jüdischer Herkunft (ihr Verhältnis zur Gesamtbevölkerung um 1932 betrug nur 0,8 Prozent).
Daher war es nicht verwunderlich, dass 1873 auch aus dem Familienverband Bloch zwei Söhne nach Offenbach am Main zogen und dort innerhalb der Textilbranche Fuß fassten.